Fakultät für Physik und Astronomie

Die Fakultät trauert um Prof. Dr. Helmut Koch

16.04.24 | Nachruf

Die Fakultät für Physik und Astronomie trauert um Prof. Helmut Koch, der am 8. April 2024 in Bad Oeynhausen verstarb.

Nachruf von Prof. Dr. Ulrich Wiedner

Helmut Koch begann sein Physikstudium and der Technischen Universität Aachen 1960. Die sechziger Jahre waren auch die Zeit in der das Quarkmodell entwickelt wurde und Ergebnisse von Beschleunigern immer neue, überraschen Ergebnisse lieferten. Ob dies Helmut Koch bewogen hat sich der Physik der Quarks und Gluonen, sprich der starken Wechselwirkung zu widmen, ist nicht bekannt, allerdings widmete er sein weiteres wissenschaftliches Leben diesen Themen.

Am CERN in der Gruppe von Prof. Backenstoss widmete er sich daher exotischen Atomen, bei denen das Elektron z.B. durch ein Pion ersetzt wurde. Seine Dissertation trägt den Titel “Bestimmung der Breite pionischer 2p-Niveaus aus Intensitätsmessungen an 2p-1s Röntgenlinien”. Hierbei beeinflusst die starke Wechselwirkung die Bahnen der Pionen. Nachdem strange Quarks verfügbar waren, untersuchte er kaonische Atome und Hyperkerne am ersten Niederenergie-Kaonenstrahl des CERN PS. Die anschliessende Verfügbarkeit von Antimaterie in Form von Antiprotonen begann ihn sofort zu faszinieren. Er war Co-Autor einer Publikation zu “Observation of Antiprotonic Atoms”. Die Antiprotonen sollten ihn seitdem nicht mehr loslassen und die Suche nach exotischen Materieformen bestimmten seither seine Forschungen. Er suchte nach Baryonium-Zuständen am CERN und erkannte sehr schnell, welches Potenzial in einem neuen Speicherring für Antiprotonen, dem Low Energy Antiproton Ring (LEAR) steckt.

Prof. Dr. Helmut Koch (Bild: privat)

Das Vorhandensein gekühlter, untergrundfreier Antiprotonen erlaubte es, die Untersuchung der starken Wechselwirkung auf ein ganz neues Niveau zu heben. Die Vernichtung von Quarks und Antiquarks in Form von Protonen mit Antiprotonen zu Gluonen ist ein einmaliger Weg die starke Wechselwirkung zu verstehen. Ein an modernen Hochenergieexperimenten orientierter Detektor, der Crystal Barrel Detektor wurde unter Helmut Kochs Leitung am LEAR installiert. Von da an gab es ein neues Qualitätsmerkmal für die spektroskopische Untersuchung von Hadronen mit leichten Quarks. Wie ein bekannter Teilchenphysiker am CERN, Lucien Montanet, einmal nur halb scherzhaft bemerkte, gab es das Qualitätskriterium “4-Sterne-Resonanz” nur wenn das Teilchen entsprechend von Crystal Barrel beobachtet worden war. Sehr viele hochwertige Publikationen entsprangen dem Experiment in seiner Laufzeit von 7 Jahren.

Gleichzeitig plante Helmut Koch aber für die Zeit nach Crystal Barrel. Er war Mitglied einer Studiengruppe, die eine Europäische Hadronen Facility bauen wollte, die ebenso nicht verwirklicht wurde wie das SuperLEAR-Projekt, da beide in finanzieller Konkurrenz zu größeren CERN- Erweiterungen standen. Die spektroskopische Untersuchung von Hadronen konnte Helmut Koch jedoch mit dem Babar-Experiment im kalifornischen Stanford sowie am ELSA-Beschleuniger in Bonn fortsetzen. Als sich doch die Gelegenheit bot, auf europäischem Boden wieder eine dedizierte Antiprotonenmaschine zu bauen, war Helmut Koch mit vollem Elan dabei. Seiner Mitwirkung ist es zu verdanken, dass die Antiprotonenphysik Teil der neuen FAIR-Anlage in Darmstadt ist. Das A in FAIR steht für Antiprotonen. Leider kommt das PANDA-Experiment, welches neue einzigartige Möglichkeiten zur Untersuchung der Hadronen bietet, zu spät für ihn.

Zuletzt noch ein Wort über den Menschen und Hochschullehrer Helmut Koch. Er habilitierte sich in Karlsruhe vom CERN aus und wurde in Karlsruhe dann C3-Professor, bevor er 1990 den C4- Ruf nach Bochum bekam, den anzunehmen er nie bereute, denn er fühlte sich hier hochwillkommen. Helmut Koch war ein wahrer Humanist, stets freundlich und besorgt, der seine Schüler und Kollegen schätzte und förderte. Er war stets bereit der Hadronenphysik Community zu dienen, sei es als Gutachter, Konferenz-Organisator oder als DPG-Fachverbandsvorsitzender. Selbst in kritischen Situationen blieb er immer besonnen und man hörte kein böses Wort von ihm. Sein umsichtiges Verhalten machte ihn auch zu einem beliebten Segelkameraden, eine seine Lieblingsbeschäftigungen im Urlaub. Schöne Segeltrips und anschließend ein gutes Glas Rotwein mit Helmut Koch sind auch für mich unvergessene Erinnerungen an einen tollen Menschen und Mentor – Helmut Koch.

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